Nelly Sachs und Paul Celan

Paul Celan

Autor

Paul Celan, urspr. Paul Antschel, wurde 1920 in einer deutschsprachig-jüdischen Familie in Czernowitz geboren und zeigte früh dichterische Interessen. 1938 begann er in Frankreich ein Medizinstudium, kam dort mit der surrealistischen Poesie in Kontakt, kehrte aber nach Czernowitz zurück, um Romanistik zu studieren. 1941 wurde die Stadt von deutschen und rumänischen Truppen besetzt, die ein jüdisches Ghetto einrichteten; die Eltern wurden 1942 deportiert und starben noch im selben Jahr. Celan selbst war bis 1944 in einem Arbeitslager, konnte danach aber sein Studium wieder aufnehmen und arbeitete in Bukarest als Lektor und Übersetzer. Nach einer Zwischenstation in Wien, wo es zu einer lang nachwirkenden Begegnung mit Ingeborg Bachmann kam, ging Celan nach Paris, wo er ab 1959 als Lektor für deutsche Sprache wirkte. In jener Zeit entstanden neben bedeutenden Übersetzungen (z.B. von russischer Poesie) seine bekanntesten Gedichte, die inhaltlich durch das Trauma von Verfolgung und Verlust geprägt sind. Celans berühmte Meridian-Rede thematisiert dies ausdrücklich in der Chiffre vom „20. Jänner“. Die Frage Theodor W. Adornos, ob Lyrik nach Auschwitz noch legitim sein könne, hat Celan durch seine Gedichte beantwortet. Dass er sich als Nazi-Opfer jedoch ausgerechnet für die Sprache der (deutschen) Mörder entschied, erscheint zunächst als Paradox. Dennoch: Gerade in dieser Sprache gelingt es ihm, nicht nur Aspekte deutscher Tradition „engzuführen“, sondern auch den Assoziationsraum der europäischen Moderne und die (ost-) jüdische bzw. hebräische Überlieferung anklingen zu lassen. 1970 wählte Celan in Paris den Freitod, im gleichen Jahr starb Nelly Sachs.

(c) Wolfgang Oschatz / Suhrkamp Verlag