Heimrad Bäckers Nachschrift ist eine der radikalsten Auseinandersetzungen mit dem Holocaust in der Literatur. Das Werk stellt eine einzigartige sprachlich-literarische Verarbeitung der bürokratischen Verwaltung und Organisation der Vernichtung dar. In den anonymen Texturen, die von Bäcker in verdichtete Sprachmuster, Listen, Aufzählungen und Berichtsfragmente montiert werden, vermittelt sich der unbegreifliche Schrecken der Massenvernichtung. Gerade Bäckers bewusster Verzicht auf Erzählung und Figur macht die unheimliche Stärke seines Hauptwerks aus, das mit sprachlichen Mitteln die Unbegreiflichkeit und den Abgrund der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie zu vermitteln versucht.
In einer Dramatisierung von Bernd Liepold-Mosser wird Heimrad Bäckers literarisches Hauptwerk als Kooperation im Theater Nestroyhof Hamakom zur österreichischen Erstaufführung gebracht.
Bühnenentwurf (c) Aurel Lenfert
Auf der Bühne von Aurel Lenfert stehen Schauspielerin Patricia Aulitzky und Pianistin Clara Frühstück. Die sprachlichen Muster von Bäcker werden zwischen nüchternem Protokoll und Anklage zu einer performativen Sprachoper, die Zeugnis von der Inkommensurabilität (Theodor W. Adorno) der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie ablegen möchte, ohne jene Kluft (Giorgio Agamben) zu überdecken, die ein Begreifen des Unbegreiflichen unmöglich macht.
Es genügt die Sprache der Täter und der Opfer zu zitieren. Es genügt, bei der Sprache zu bleiben, die in den Dokumenten aufbewahrt ist. Zusammenfall von Dokument und Entsetzen, Statistik und Grauen. Heimrad Bäcker
Premiere: 7. November 2023, 20 Uhr
Weitere Vorstellungen am 10., 11., 15., 16., 17. und 18. November 2023
Heimrad Bäcker, 1925-2003, war ein österreichischer Herausgeber und Schriftsteller. Er lebte als freier Schriftsteller und Herausgeber der Zeitschrift neue texte in Linz und gilt als der wichtigste Vertreter der konkreten Poesie. In jungen Jahren Parteimitglied der NSDAP, studierte er nach dem Krieg Philopsophie. In den Jahren 1968 bis 1985 sammelte und verarbeitete er schriftliche Zeugnisse der nationalsozialistischen Tötungsmaschinerie und verarbeitete diese in seinem literarischen Lebenswerk Nachschrift 1 und Nachschrift 2. Er war 1987 bis 1989 Präsident der Grazer Autorenversammlung.
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